Unsere Kaffeemaschine ziert derzeit folgender Spruch:
"Man sollte viel mehr Zeit mit Glücklichsein verbringen" (Verfasser unbekannt)
Jeden Morgen lese ich das und nehme meine Gedanken dazu mit in den Tag. Glücklichsein.. was macht das aus? Was macht mich glücklich? Wie bewahre ich mir das Glücklichsein? Geht das überhaupt, das Glück bewahren? Wie sehen die Menschen um mich herum aus? Sind sie glücklich? Strahlen sie vor Glück? Wie nehme ich Glücklichsein bei meinem Gegenüber wahr? Was macht Glücklichsein mit mir? Wie fühlt es sich in mir an? Und was gebe ich nach außen?
Glück ist auf jeden Fall etwas, das aus unserem Menschenleben nicht wegzudenken ist. "Wünsch mir Glück!", bittet mich unsere Tochter vor einer wichtigen Prüfung. Glück wünschen wir uns gegenseitig zum Geburtstag. Glück wird gern verbunden mit Zufriedenheit, Gesundheit und Erfolg. Und doch erklärt das alles nicht, was genau Glück ist. Die Glücksforschung versteht Glück als "Lebenszufriedenheit" oder "Wohlbefinden" und daraus lässt sich Glück als etwas sehr Subjektives und Persönliches ableiten. Wenn man ein bisschen tiefer einsteigen möchte, so sieht man sehr schnell, dass das Streben nach Glück, das Erfassen, was Glück denn ist und all die Fragen, die sich daraus ergeben, etwas ist, das die Menschheit schon sehr lange beschäftigt. So lassen sich kurze Zitate bis seitenlange Abhandlungen darüber finden, mal mehr philosophisch, mal linguistisch, mal in Richtung Selbsterkenntnis, mal als Ratgeber für die eigene Lebensgestaltung...
Glück ist ein Begriff, der mir in den letzten Wochen sehr oft und auf ganz unterschiedlichen Wegen begegnet ist, unter anderem auch so:
Eines Abends habe ich durch Zufall die Verfilmung der Biografie von Grace Kelly "Grace of Monaco" eingeschaltet und danach ein wenig über Werdegang und Leben nachgelesen und mich unwillkürlich gefragt, ob diese wunderschöne und umschwärmte Frau tief in ihrem Inneren wohl glücklich war mit/in ihrem Leben?
Auf unserem "Lektüre-Tisch" liegt momentan die Autobiografie "Ich war mein größer Feind" von Adele Neuhauser. In einem der Kapitel beschreibt sie, wie sie kurz nacheinander von ihrem Vater, ihrer Mutter und ihrem Bruder Abschied nehmen musste. Einer der letzten Sätze ihrer Mutter, der sie noch lange beschäftigen sollte, ist: "Und, Adele, wo ist jetzt eigentlich dein Glück?"
Zurückblickend auf mein bisheriges Leben und meine Wünsche betrachtend für das, was noch so kommen mag in den nächsten Jahren, habe ich mir meine ganz eigenen Gedanken darum gemacht:
Glück schien mir früher unberechenbar, der Eine hatte es, der Andere war vom Pech verfolgt. Inzwischen sehe ich das ein wenig anders. Glück kann ich in jedem Moment neu finden, es ist bereits da, selbst in den größten Krisensituationen und an den grauesten Tagen. Lebens-Glück scheint mir etwas zutiefst Individuelles und persönlich Empfundenes zu sein. Es hat nichts mit meinem Kontostand zu tun, nichts mit den äußeren Gegebenheiten in meinem Leben, aber sehr wohl damit, wie ich mein Leben gestalte, wie ich mit Problemen umgehe, mich selbst und die bewusste Wahrnehmung für all das, was "gut läuft" stärke, womit ich mich beschäftige, was mich erfüllt. Und es können dann sehr kleine Dinge sein, die mich erfreuen und mir Glück bescheren, wie zum Beispiel ein leckeres Eis oder ein abendlicher Plausch mit der Nachbarin, der betörende Duft einer Blüte oder ein ruhiger Moment ganz für mich und nur mit mir. Glück ist nicht der "Sechser im Lotto", sondern ist mit meiner Einstellung verbunden, zu mir, zu meinem Lebensentwurf, zu meiner Umwelt. Damit ist Lebens-Glück etwas, das ich erfahren kann und wofür ich auch ganz aktiv etwas tun kann. Denn wenngleich ich Kompromisse eingehe, weil ich im Alltag eben doch Dinge erledigen muss, die mich per se nicht glücklich machen.. putzen beispielsweise oder Rechnungen bezahlen oder unangenehme Termine wahrnehmen.. so ist es doch meine Haltung dazu und zu den vielen kleinen und großen alltäglichen "Geschehnissen", die mir das Leben erschweren oder erleichtern. Und letztendlich ist es tatsächlich MEINE ENTSCHEIDUNG, WIE ich jeden Tag gestalte, WIE ich mit mir und mit all dem, was mir widerfährt umgehe, ob ich für mich sorge, mir Zeit für mich selbst nehme und auf mein Wohlergehen achte und ebenso, WIE ich mit meiner Umwelt in Beziehung trete.
Von Annie Dillard stammt der Satz: „Wie wir unsere Tage verbringen, so verbringen wir natürlich auch unser Leben.“ Für mich ein hoffnungsvoller Satz, denn er bedeutet mir, dass ich etwas für mein Glück tun kann; ich wechsle in die Gestalter-Rolle und verbleibe nicht weiter in einer Opfer-Rolle, ich habe es in der Hand und führe die Regie: meine Einstellung, mein Leben, mein Glück! Auch wenn es mir nicht immer gelingen mag: Ich möchte mit inneren Augen und weichem Blick sehen, mich nicht den äußeren Zwängen ergeben. Ich möchte Offenheit pflegen statt in Starrsinn zu verharren, möchte Gelassenheit und Achtsamkeit üben statt der Hektik und Überforderung das Feld zu überlassen - AUCH und gerade in stressigen Zeiten, dann, wenn es für viel zu viel zu tun gefühlt viel zu wenig Zeit und Raum zu geben scheint. Ich möchte mit einem Lächeln und doch gewissenhaft mir selbst über die Schulter blicken, um mich nicht im Unglücklichsein zu verlieren, sondern das Glück und das Glücklich-SEIN jeden Tag immer wieder neu zu finden.. und zu genießen.